Berührzwang

Der Berührzwang wird ebenso wie der Ordnungszwang und der Waschzwang zu den Zwangshandlungen gezählt. Beim Berührzwang leiden die Betroffenen unter dem übermäßigen Druck, bestimmte Gegenstände, Personen oder Körperteile immer wieder berühren zu müssen.

Ein leichter Berührzwang kann sich zum Beispiel dadurch äußern, dass die Betroffenen den inneren Druck verspüren, beim Vorbeigehen an bestimmten Objekten diese kurz mit der Hand zu berühren. Bei einem schwergradigen Berührzwang kann der Zwang so stark werden, dass die Betroffenen für einen längeren Zeitraum bei einem Objekt verharren müssen, um dieses immer wieder zu berühren.

Der Berührzwang ist dabei oftmals mit bestimmten Zählritualen oder Ordnungszwängen verbunden, wie zum Beispiel siebenmal ein bestimmtes Straßenschild anfassen, dann siebenmal das nächste Schild anfassen usw.

Berührzwang: Ursachen

Wenn man nach den Ursachen des Berührzwangs sucht fällt auf, dass sich dieser Zwang häufig schleichend entwickelt: Oftmals stand am Beginn “nur” eine zunächst vollkommen “ungefährlich” erscheinende Handlung. Vielleicht war es auf dem Weg zu einem Besuch bei einem kranken Verwandten, als ein kurzes Festhalten am Zaunpfahl neben der Bushaltestelle ein Gefühl der Sicherheit gegeben hat, ...dass es dem Kranken dadurch vielleicht etwas besser gehen würde, ...dass seine Genesung vielleicht etwas wahrscheinlicher wird. Oder vielleicht war es auch mittags nach der schwierigen Klassenarbeit, als kurz das Gefühl kam, dass das Berühren des Fahrrad­ständers vielleicht doch etwas - nur ein ganz kleines bisschen - Sicherheit geben könnte, dass der Test bestanden wurde.

Der Berührzwang entsteht sehr häufig in Zeiten, in denen man sich unsicher fühlt, in denen man sich Sorgen macht, und vor allem: In Zeiten, in denen man ein Gefühl der Ausweglosigkeit erlebt. Der Berührzwang erscheint dann plötzlich (unbewusst) als Lösung aus dieser Ausweglosigkeit - und der “Hinterkopf” denkt sich: “Jetzt kann ich wieder etwas machen”, “Endlich kann ich mich wieder sicherer fühlen!”, “Alles wird gut!”.

Im Hintergrund des Berührzwangs stehen dabei - wie auch bei anderen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken - zumeist große Ängste der Betroffenen. Sehr viele Erkrankte kennen die Befürchtung, dass ein bestimmtes Unheil eintreten könnte, wenn sie den Zwang nicht ausführen. Die Zwangshandlung soll dann eine Art Schutz davor bieten, damit dieses Unglück nicht eintritt.

Während zu Beginn des Zwangs häufig noch einige kurze Berührungen gereicht haben, um sich wieder sicherer zu fühlen, werden im Verlauf der Zwangserkrankung oftmals immer kompliziertere Rituale erforderlich. Dabei ist der Berührzwang sehr oft mit so genannten “Magischen Gedanken” verbunden.

Viele Betroffene ist dabei bewusst, dass die Ausübung des Zwangs eigentlich keine wirkliche Rückversicherung sein kann - und trotzdem wird der Zwang oftmals so mächtig, dass sich die Betroffenen ihm nicht wiedersetzten können.

Berührzwang: Therapie

Die Therapie des Berührzwangs findet üblicherweise im Rahmen einer Psychotherapie statt, in der zwei Elemente wichtig sind:

Zum einen wird, wie bei anderen Zwangshandlungen auch, im Verlauf der Behandlung zumeist ein so genanntes Expositionstraining durchgeführt, bei dem die Betroffenen lernen, wie sie den Druck, der entsteht, wenn sie den Zwang nicht ausüben, sinnvoll aushalten können - und wie sie sich wieder ohne diese Zwangshandlungen bewegen können.

Neben der Expositionstherapie ist ein zweites Element in der Psychotherapie sehr wichtig, nämlich das Erarbeiten der hinter dem Berührzwang liegenden Sorgen und Befürchtungen. Denn erst wenn die Betroffenen einen Weg gefunden haben, wie sie mit ihren Unsicherheiten anders umgehen können, und wenn sie wieder ein gutes Gefühl der Sicherheit aufgebaut haben, erst dann “brauchen” sie den Zwang nicht mehr und können ihn wirklich “gehen lassen...”.

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   • Zwänge: Therapie


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